Donnerstag, 29. September 2011

Craiova, August 2008



In der kleinen Synagoge von Craiova hing eine Marmortafel, die daran erinnerte, daß "diese heilige Stätte, die beim Erdbeben von 1977 stark beschädigt worden ist, mithilfe des Allmächtigen und durch die Sorge seiner Eminenz des Chef-Rabbiners D.Moses Rosen und der Leitung der Föderation der jüdischen Gemeinden der sozialistischen Republik Rumänien im Jahr 1982 restauriert wurde." Das "sozialistische" war, nicht sehr gründlich, mit weißer Farbe übermalt worden. Offenbar wurde dieses Wort hier als obszön empfunden. In Berlin hängen auf der Brücke vom S-Bahnhof Schönhauser Allee Gedenktafeln für die Opfer des Faschismus, im Emblem des Komitees der Antifaschistischen Widerstandskämpfer ist dort immer noch das DDR-Wappen zu sehen. Vielleicht hat man es vergessen, vielleicht sind den Spurenverwischern aber auch in diesem Fall die Hände gebunden. Ich empfinde dieses Symbol an dieser Stelle nicht als obszön, aber ich weiß, daß die Gefühle, die solche Spuren wecken, von der persönlichen Erfahrung abhängen, und daß sie sich im Leben ändern können. Im Moment freue ich mich immer, nicht so sehr über das Symbol, sondern über die Gedächtnisspur im Stadtbild. In Rumänien, wo die kommunistische Partei unter anderem Namen noch jahrelang weiterregiert hat, ist das "sozialistisch" sicher anders zu bewerten, als im Prenzlauer Berg, wo nur noch eine Minderheit der Einwohner weiß, wofür das Emblem einmal stand. Ich weiß nicht, ob man solche Dinge überhaupt soziologisch einschätzen und journalistisch aufbereiten kann.

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