Woran
erkennt man heute, daß man im Osten oder im Westen Deutschlands ist?
In Berlin kann man da schon durcheinanderkommen, vor allem, wenn man
hauptsächlich aufs Straßenpflaster guckt. Für viele Westdeutsche
ist der "Plattenbau" (ich schreibe das in
Anführungsstrichen, weil es fachlich korrekt "Großplattenbauweise"
heißen müßte, und weil man bei uns im Osten, meiner Meinung nach,
immer "Neubau" gesagt hat, manche halten "Plattenbau"
sogar schon für einen politischen Kampfbegriff), Inbegriff des
ostdeutschen Bauens und damit Scheiterns. Dabei ist diese Bauweise
viel älter als die DDR und wurde weltweit angewendet.
Würde man das Gebäude im Bild dem Osten oder dem Westen zuordnen?
Dazu muß man sich schon gut auskennen, die meisten würden sicher
eher auf Osten tippen, dabei steht das Haus in Dortmund. Offenbar
steht es leer und wird vielleicht abgerissen. So etwas wird ja heute
schnell zum Schandfleck erklärt, was schon kühn ist, wenn man sich
die Dortmunder Innenstadt ansieht, die gar keine Innenstadt mehr ist,
sondern eine "City", ein Unort, wie sie Hannelore Schlaffer
in "Die City – Straßenleben in der geplanten Stadt" so
schön beschrieben hat. Es war einfach irgendwann zuviel Geld da, und
deshalb sieht es jetzt billig aus. Daß man in Zukunft in einer Stadt
wie Berlin, anders als in London oder Paris, noch zentrumsnah mieten
können wird, liegt paradoxerweise an den "Bausünden" der
DDR, weil damals mitten im Zentrum Plattenbauten errichtet wurden, wo
heute für private Bauherren angeblich nur noch Townhäuser und
ähnlicher Eigentumswohnungsbau "rentabel" sein würden.
Deshalb müssen die Plattenbauten dort auch verschwinden, wie es in
der Wilhelmstraße geplant ist, selbst wenn die Mieter gar nicht
ausziehen wollen. Das ästhetische Argument, das dann immer bemüht
wird, denn es handelt sich ja um "sozialistische Bausünden",
ist angesichts dessen, womit diese ersetzt werden, völlig absurd,
aber eben auch in sich, denn die Großplattenbauweise war keineswegs
eine sozialistische Besonderheit, wenn sie auch in den Ländern des
Ostblocks besondere Bedeutung hatte.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.