In
Halle-Neustadt suche ich den runden Kindergarten vom Typ "Delta"
(1968), wobei Google Earth hilfreich ist. Im Kindergarten mit dem
schönen Wellendach sitzt jetzt eine Hauskrankenpflege. Der lange,
weiß renovierte Block daneben, der einmal eine Zeit lang der längste
Wohnbau der DDR war, dient zumindest in einem Teil für betreutes
Wohnen. Die Alterszusammensetzung im Neubaugebiet hat sich, im
Vergleich zu meiner Kindheit, offenbar radikal umgekehrt. Eigentlich
sind diese Wohngebiete gerade für Kinder ideal, weil es kaum
Durchgangsverkehr gibt und man nah bei der Schule wohnt und seine
Mitschüler zu Fuß besuchen kann. Es ist auch, dem Vorurteil zum
Trotz, viel grüner hier als in der Altstadt, die Natur ist nie
wirklich besiegt worden, die Gebäude kommen mir eher wie
künstliche Korallenriffe vor, an denen sich Tiere und Vegetation ansiedeln. Das macht für mich auch etwas vom un-urbanen Eindruck dieser Wohnsiedlungen aus, man ist hier auf einem Vorposten im Outback. Als Kind war mir Urbanität egal, es war einfach ein großer Abenteuerspielplatz, Angst hatte ich nur vor älteren Kindern und "Jugendlichen". Damals bevölkerten Kindermassen die
Spielplätze, und selbst deren Eltern waren jünger als ich heute.
1970 betrug das Durchschnittsalter in Halle-Neustadt 24 Jahre. Heute
stehen in den Kinderwagenräumen der Hochhäuser die Rollatoren. Vieles, was einmal Stil hatte, geht verloren, was in diesen Vierteln besonders fatal ist, weil sie eigentlich nur stilecht funktionieren können, auf eine attraktive Patina des Verfalls kann man nicht setzen.
Zwischen den Wohnzeilen gibt es flache Funktionsgebäude, die
Gaststätte "Gastronom" ist leider in keinem guten Zustand.
Die Kaufhalle gegenüber ist renoviert, Rentner halten sich am
Backstand auf und scherzen mit uns. Die Verkäuferin erzählt mir,
daß sie hier morgens auf dem Weg zur Arbeit die Hasen sieht. Der
Gastronom-Schriftzug läßt noch dieses Optimistisch-Technoide
unserer jüngeren Vergangenheit erkennen. Das gilt auch für die
Formsteinwände. Besonders bei der auf der Wiese, die geschickt aus
einem einzigen Bauteil zusammengesetzt ist, beeindruckt mich die
Selbstverständlichkeit, mit der sie hier völlig funktionslos steht,
es sei denn, um "den Raum zu strukturieren". Man kann von
Glück sagen, daß die Berliner Mauer so brutal-schmucklos errichtet
worden ist, wie man sie kennt, und nicht als raffinierte Formsteinwand. Zumindest bei diesem Bauwerk wurde nichts beschönigt.
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen