Donnerstag, 26. März 2015

Kreuzkehre









Noch einmal in Erfurt, auf der Suche nach der "Kreuzkehre" von Hubert Schiefelbein, der Mona Lisa der Betonformsteine. In den Wohngebieten Nordhäuser Straße und Rieth finden sich an dutzenden Stellen Betonformsteinwände, allerdings oft kaum gewürdigt, manchmal wirkt es, als seien sie nur zufällig übriggeblieben. Die Häufigkeit dürfte einmalig sein, Freunde der Betonform sollten unbedingt nach Erfurt reisen. "Halbschale", "X-Element", "Falter", "Erfurter Rad" finde ich und schließlich auch die "Kreuzkehre". Die Versuchung ist groß, sich nachts einen dieser Steine als Grabstein zu sichern. Vielleicht liegt es am Wetter, oder an meiner Verfassung, die Gegend macht auf mich einen freundlichen Eindruck. Ich bin immer wieder begeistert von den Wohnscheiben mit dem Farbmuster in Pastelltönen, das ich nur von hier kenne. Wie haben die Erfurter das damals hinbekommen? Man sieht auch, was für einen Unterschied es ausmacht, wenn eine Wohnungsbaugesellschaft die Plattenbauten mit Feingefühl renoviert, die Punkthochhäuser im Viertel Moskauer Platz haben schöne Farben bekommen, an einem taucht sinnigerweise ein Zwiebelturm als Motiv auf. Es gab ja in der Stadtplanung immer diese thematischen Zusammenhänge, wie auch im Erfurter Zentrum, wo das Hotel Kosmos nicht zufällig am Juri-Gagarin-Ring stand. Heute heißt es Radisson, man hat den Reiz mißachtet, der darin lag, daß gegenüber eine Gagarin-Büste steht. Das ist mir unverständlich, noch dazu klingt Hotel "Kosmos" doch viel toller. Warum verspielt eine Hotelkette solche Ressourcen an Sinn, wenn es gar nichts kosten würde? Daß "Der Lesende" sich im Neubauviertel gegenüber der Bibliothek befindet, ist auch so eine Spur von früherem Sinn. Unweit davon die "Kaffeetrinkerin" von 1982. War das damals eine Provokation? So kurz nach der Kaffeekrise um "Erichs Krönung"? Wurden da nicht "unerfüllbare Bedürfnisse" geweckt? Am (im? in?) Rieth steht ein schöner, kantiger Uhrenturm am Einkaufszentrum, der aussieht, als würde er gleichzeitig als Wetterstation dienen. Ein Denkmal für die Zeit, leider bröckelt die Wendeltreppe schon.

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